von Gerd Heinz
In unserem Körper werden Millionen Substanzen produziert: Man denke an Horn für Fingernägel, Zahnschmelz, die Substanz der Augäpfel, Haare, Knochen, Muskeln, Nervenzellen oder Häute. Dazu Millionen Baumaterialien: Hämoglobin, ATP, Insulin, Adrenalin...
Dahinter steckt eine gigantische Chemiefabrik, die von einer Milliarde (manche Autoren sprechen auch von vier Milliarden) Neuronen im Bauchraum gesteuert wird. Diese Chemiefabrik übersteigt in Dimension und Sortiment alles, was vom Menschen bislang in realen Chemiefabriken geleistet werden konnte.
Immer wieder hört man von Ärzten, daß Medikamente, die über längere Zeit genommen werden, schwere Nebenwirkungen erzeugen. Diese Nebenwirkungen werden dann mit anderen Medikamenten bekämpft, die auf Dauer wiederum neue Nebenwirkungen erzeugen. Der Patient fällt in ein Loch, aus dem er nicht mehr herauskommt.
Siehe dazu den interessanten Beitrag des Mediziners Dr. med. Ingfried Hobert auf Youtube (Link) unter dem Titel: "Übersäuerung: So werden Sie wieder basisch". Es geht um ein Medikament gegen Magenschleimhautentzündung (Pantoprazol), welches, wenn es zu lange eingenommen wird, mehr Schaden als Nutzen bringen kann.
Eine Kernaussage ist die, daß mit dem Medikament ein Teufelskreis beginnt: Denn dessen Nebenwirkungen bringen neue Erkrankungen hervor. Sinngemäß: Hier wird ein Symptom behandelt, bei dem es aus schulmedizinischer Sicht nicht interessiert, was an Nebenwirkungen durch dieses Mittel ausgelöst wird. So spricht er von vielen Nebenwirkungen, die aus einer zu langzeitigen Einnahme entstehen, wie zum Beispiel Osteoporose. Wir wissen, daß es nicht nur ein Medikament gibt, dessen zu lange Anwendung Nebenwirkungen ganz anderer Art auslöst.
Aber hier soll es nicht nicht um ein spezielles Medikament gehen, sondern um das Prinzip dahinter.
Denken wir darüber nach, warum wir 80 oder 100 Jahre alt werden können, ohne daß unsere haarfeinen Äderchen verstopfen, wo doch eine (dicke) Wasserleitung vielleicht schon nach 20 Jahren wegen Verkalkung ausgewechselt werden muß, stoßen wir auf Regelkreise.
Unser Körper funktioniert nur deshalb so lange, weil jede Körperfunktion durch Millionen ineinander greifender Regelkreise permanent nachjustiert wird. Manche nennen es "inneres Gleichgewicht", wenn alle Regelkreise in Harmonie arbeiten. Wenn nicht, sind wir bei den Autoimmunkrankheiten.
Es handelt sich um ein gigantisches, selbstregulierendes System. Ist zuviel Kalk da, wird er ausgeschieden. Fehlt Kalk, wird er in die Knochen eingelagert.
Je mehr Medikamente man nimmt, umso mehr Regelkreise des Körpers werden beeinflußt und können aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Und umso mehr neue Medikamente sind nötig, um wiederum deren Nebenwirkungen zu beseitigen.
Beispiel Muskelaufbau. Dieser passiert nur bei Belastung. Und diese tut weh! Setzt man sich in den Sessel, oder liegt man lange, werden Muskeln abgebaut. Aber auch andere Regelkreise geraten dann vielleicht außer Kontrolle. Ginge man nun zum Arzt, würde dieser sicherlich Medikamente verschreiben. Allerdings können wir die Ursache - unsere Trägheit - nur selbst beseitigen.
Leidet man unter Osteoporose, wird der Schulmediziner Kalkzufuhr verordnen. Der betreffende Regelkreis des Körpers aber wird nun hinreichend viel Kalk erkennen und der Körper wird beginnen, Kalk auszuscheiden. Der Regelkreis, der für die Kalkeinlagerung sorgt, wird durch die Medikamentengabe überflüssig. Statt reaktiviert zu werden, wird er deaktiviert. Das Absetzen des Medikaments vergrößert dann den Schaden auch noch, weil der Körper weiter Kalk abbaut und ausscheidet.
Depressive Menschen greifen gern zu Drogen (Beruhigungs- oder Schlafmittel). Sie bekommen Antidepressiva verschrieben. Dem Betroffenen geht es augenblicklich besser, aber: Das sind meist Drogen, die abhängig machen. Statt dem Menschen die Drogen zu entziehen, werden sie verordnet. Aber der irgendwann nötig werdende Entzug wird schrecklich.
Wir erkennen ein Schema in der Wirkung von Medizin:
Statt einen Regelkreis zu aktivieren und aufzubauen, deaktivieren wir ihn meist durch Zugabe des vom Körper nicht ausreichend produzierten Stoffes. Der Patient fühlt sich sofort wohler. Aber langfristig wird der überflüssig gewordene Regelkreis jetzt abgebaut, statt ertüchtigt zu werden. Wird das Medikament jetzt abgesetzt, fehlt der Regelkreis. Der Patient kann plötzlich ohne sein Medikament nicht mehr leben. Das Medikament schadet dem Patient oft mehr, als es nutzt.
Studiert man Elektrotechnik oder Elektronik, so hat man ein Fach "Regelungstechnik" zu belegen. Wenn man Glück hat, gibt es auch noch ein Praktikum dazu, bei dem man selbst Versuche mit Regelkreisen machen kann.
In diesem Fach lernt man, Regelkreise zu berechnen. Und man erkennt schnell, daß ein einziger Regelkreis bereits ein hochkomplexes System ist, welches nicht so einfach zu überblicken ist. Grundproblem ist dabei: Jeder Regelkreis muß stabil sein. Einerseits soll er zügig nachregeln. Andererseits darf er nicht zu schnell nachregeln, denn dann wird er instabil. Das heißt, er beginnt dann überzuschwingen und in wildes Pendeln zwischen maximaler und minimaler Ausgabe zu verfallen.
An dieser Stelle bemerken wir das Hauptproblem von Regelkreisen: Deren Reaktionsvermögen auf schnelle Veränderungen. Und wir ahnen es: Hier kommt dem Lebenswandel entscheidende Bedeutung zu. Wir ahnen, daß unsteter, hektischer oder chaotischer Lebenswandel das stärkste Gift für alle Regelvorgänge und damit Gift für unseren Körper ist.
In selbstregulierenden Systemen müssen Gewichte ständig nachjustiert werden. Wird ein Regelkreis dadurch nicht mehr benötigt, daß ein Medikament dessen Aufgabe übernimmt, zum Beispiel Insulin, dann wird der Regelkreis abgebaut.
Der Regelkreis wird inaktiviert, statt aktiviert. Mit der verheerenden Konsequenz, daß der Patient nach wenigen Monaten abhängig vom Medikament ist, weil der entsprechende Regelkreis des Körpers durch das Medikament überflüssig wurde.
Und genau an diesem Punkt hätte Medizin eigentlich anzusetzen - wenn sich nicht Millionen ineinader greifender Regelkreise vollständig unserem gegenwärtigen Wissenshorizont entziehen würden.
Was bleibt, ist eine gespaltene Haltung zu Medikamenten. Einerseits können sie den Körper kurzzeitig unterstützen, andererseits können sie zwangsläufig schwere Nebenwirkungen auslösen, wenn sie zu lange eingenommen werden.
Deshalb ist es wohl in jedem Falle ratsam, in den eigenen Körper hineinzulauschen: Was bekommt mir, was nicht? Was tut mir gut: Mehr Bewegung, mehr Schlaf, andere Ernährung, weniger Stress, ein anderer Job, ein kürzerer Weg zur Arbeit, ein anderer Lebenspartner oder ein neuer Chef? Was habe ich gestern gegessen oder getrunken, daß es mir heute gut oder schlecht geht? Bekommt mir das tägliche Fast-Food um die Mittagszeit herum wirklich? Oder: Warum fühle ich mich heute besser als gestern? Lag es am langen Spaziergang oder am Sonnenschein? Bekommen mir fünf Tassen Kaffee im Büro oder würde Tee besser sein? Tut mir der sporadische 10-Kilometer-Lauf wirklich gut - oder schadet er mir? Und nicht zuletzt: Sollte ich vielleicht meinen abendlichen Zuckerli-Konsum reduzieren, auf gesüßte Getränke verzichten (Cola, Sprite etc.) und sogleich weniger üppig essen?
Wie sagte schon der Großvater: "In der Ruhe liegt die Kraft!" oder auch "Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott!"
Lebensweise verändern, Freude am Leben suchen und sich mental, physisch und psychisch stärken ist wohl allemal besser als jedes noch so tolle Medikament!
Nun wird ein Großteil der Medikamente an Rentner verordnet. Rentner haben oft nichts mehr zu tun. Sie haben bereits alles erlebt, alles gesehen, es gibt nichts mehr Neues, was ihnen Spaß oder Motivation bringen würde. Oft fehlt die Motivation, am Leben noch teilzunehmen.
Diese Motivation kann der Arzt nicht verordnen. Hier wären andere Umgangsformen gefragt. Zurück zur Großfamilie oder betreutes Wohnen könnte eine Lösung sein, um ein sinnerfülltes Altern erleben zu können. Oder Flucht aufs Land. Auch Tiere können helfen, die Langeweile zu besiegen, um den Körper durch kontinuierliche Bewegung zu mobilisieren. Oder ein interessantes Hobby mit kontinuierlicher, leichter körperlicher Arbeit.
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Created 2023/06/14
Edited 2024/12/07
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