HITEC - Das Technikmagazin



3sat

Montag,
11. Januar 1999,
21.°° Uhr

Willkommen zu HITEC - dem Technikmagazin in 3sat

Sprecher: Stefan Schulze-Hausmann
Beitrag: Jörg Moll

Viele von Ihnen werden in den letzten Wochen mit Hochtechnologie zu tun gehabt haben, zumindest diejenigen, die moderne Foto- und Videotechnik zu Weihnachten geschenkt bekamen.

Neben den handelsüblichen gibt es, seit Menschen den Film nutzen, auch Spezialkameras, wie Unterwasser-, Hochgeschwindigkeits-, Weltraum-, sogar 3D-Kameras. Seit einigen Jahren kann man auch mit Hilfe von Infrarotkameras unsichtbare Wärmequellen finden, eine Hilfe, wenn es darum geht, schlecht isolierten Hauswänden oder unerwünschten Grenzgängern auf die Spur zu kommen. Aber hätten Sie gedacht, daß es Kameras gibt, mit denen man Lärm filmen kann?

Mitarbeitern des Instituts (der Gesellschaft) zur Förderung angewandter Informatik in Berlin-Adlershof ist jetzt die Entwicklung einer solchen Kamera gelungen.

(Einblendung von Kracherzeugern) Lärm geht auf die Nerven. Er raubt einem den Schlaf, macht aggressiv und krank. Mediziner haben z.B. nachgewiesen, daß Lärm das Herzinfarktrisiko erhöht. Um Krach abzustellen, muß man wissen, woher er kommt. Eine der größten Lärmquellen ist der Verkehr; aber wo entstehen die Geräusche bei den Autos?

Berliner Wissenschaftler entwickelten eine Kamera, die ermöglicht, Lärm zu filmen. Rot bedeutet viel Lärm und grün und blau zeigen die leisen Stellen. Um Lärmquellen genau zu orten, parken die Wissenschaftler einen Wagen direkt vor ihrer Erfindung. Danach machen die akustischen Filmer ein Foto mit einer normalen Kamera. Sie wollen ihre Schallbilder mit einem realen Foto überlagern. Das Ergebnis überrascht: nicht der Motor, sondern der vordere Teil des Auspuffs macht den meisten Lärm. Auch die Reflektion auf dem Asphalt ist von Bedeutung.

Bei bisherigen Lärmmessungen wird (vereinfacht) an einem einzigen Punkt gemessen. Die Lärmkamera ermöglicht hingegen einen ganz neuen Blick auf die akustische Welt. Lärmquellen können genau geortet werden.

Das Prinzip funktioniert auch am lebenden Objekt. Für HITEC drehen die Berliner Wissenschaftler den ersten Lärmfilm mit einem Menschen. Zunächst den Abstand zur Kamera ermitteln und dann braucht man auch nicht mehr lange zu warten ... (Baby schreit los).

16 Meßmikrofone nehmen die Schallsignale auf. Sie befinden sich im gleichen Abstand zueinander. Die Wissenschaftler der GFaI setzen die akustischen Signale mit Hilfe eines Rechners zu mehreren Bildern zusammen. Das Ergebnis verwundert diesmal nicht: So sieht Hunger aus! (Baby mit überlagerten akust. Film).

Bei einer anderen Anwendung würde die Kamera jedoch schon für Ruhe sorgen, moderne Niederflur-Straßenbahnen erregten kurz nach ihrer Einführung in Berlin den Protest von Anwohnern. Trotz schickem Design waren sie zu laut,: die Lärmfilmer wurden gerufen. Deutlich erkennt man im Lärmfoto die Drehgestelle, mit denen die Bahn auf den Schienen läuft. Die Berliner Verkehrsbetriebe fuhren die Wagen auf den Prüfstand und gingen der Sache nach: Die Techniker untersuchten die Drehgestelle. Da das Lärmbild den richtigen Hinweis gab, konnte die Bahn anschließend geräuschlos von dannen rollen (bißchen dicke...).

Die Wissenschaftler denken noch an ganz andere Einsatzmöglichkeiten ihrer Kamera:

Dr. G. Heinz:
"Denken wir an Drucker, an elektronische Haushaltsgeräte, denken wir an Föne: man könnte sich vorstellen, daß man bei der Stiftung Warentest akustische Bilder von Fönen untereinander vergleicht. Das wäre eine interessante Geschichte, man könnte auf Anhieb sagen, dieser Fön ist laut, eigener ist leise."

So wird diese akustische Kamera schon bald unseren Alltag verändern, manchmal geht das jedoch auch ohne aufwendige Technik: (Baby bekommt einen Nuckel).